Literaturbetrieb: Tantiemen Kleinverlage

Tantiemen für Kurzgeschichten (Kleinverlage und Zeitschriften)

Als Kleinverlag können wir leider keine Tantiemen zahlen.“

Das las ich vor Kurzem wieder als Antwort auf meine Frage an einen Kleinverlag, welche Tantiemen bei der geplanten Anthologie angedacht seien. Diese oder ähnliche Aussagen habe ich in den vergangenen zehn Jahren oft von Kleinverlagen gelesen, noch öfter von Zeitschriften – wenn sie nicht sowieso gleich auf der jeweiligen Ausschreibungsseite vermerkt sind. Sind Tantiemen für Kurzgeschichten unnötig? Früher fand ich das normal. Dachte mir schade, naja, der Verlag macht wahrscheinlich keinen großen Umsatz, was soll er tun. Kurzgeschichten habe ich trotzdem nie hingeschickt – einer meiner Grundsätze lautet, dass ich nichts gratis mache, was keinem guten Zweck dient. Doch ich muss zugeben, mittlerweile ärgert es mich.

 

Die Ausreden

Wer auf eine solche Ansage hin nachhakt, bekommt Unterschiedliches zu hören:

 

Eine Kurzgeschichte in der Anthologie / bei unserem Onlineblog / in unserer Zeitschrift ist doch eine gute Werbung für Sie.

Ob das überhaupt stimmt, sei dahingestellt. Ich kenne persönlich niemanden, der auf Basis einer Kurzgeschichte ein Angebot oder eine große Leserresonanz für eines seiner Langprojekte erhalten hat. Mag es aber geben.

Das Problem: Das ist völlig unerheblich. Denn wenn der Verlag Tantiemen auszahlen würde, würde das die Werbewirkung wohl kaum schmälern.

 

Wir möchten junge Künstler unterstützen.

… und deshalb werden keine Tantiemen gezahlt? Man möchte meinen, dass junge Künstler diese eher besonders nötig hätten. Hier gilt dasselbe wie für die „Werbung“ – „Unterstützung“ ist kein Ersatz für Bezahlung.

 

Das ist zu viel Aufwand.

Überraschung: Die jeweilige Geschichte zu schreiben, war ebenfalls aufwendig. Wer eine Anthologie oder Zeitschrift herausbringen, aber keine Arbeit mit der Verwaltung haben möchte, ist fehl am Platz. Abgesehen davon gibt es für solche Zwecke gute Buchhaltungsprogramme, die zumindest einen Teil davon erledigen. Und nicht zuletzt lässt sich der Auszahlungstakt auf einmal im Jahr oder sogar einmal alle zwei Jahre reduzieren, sodass der Verwaltungsaufwand geringer wird.

 

Das können wir uns nicht leisten.

Das ist mit Abstand die frechste Ausrede. Warum? Weil vor jedem Produkt eine Preiskalkulation erfolgt, die sich nach den Ausgaben richtet. Kalkuliert ein Verlag keine Tantiemen ein, kann er sich auch keine leisten. Man stelle sich einmal kurz vor, derselbe Verlag geht beispielsweise zur Druckerei und teilt ihr mit: „Also, die Druckkosten können wir uns leider nicht leisten“. Sicher könnt ihr euch die Antwort der Druckerei vorstellen. Leider herrscht bei Kleinverlagen, besonders aber bei Zeitschriften, augenscheinlich oft die Ansicht, Autoren müssten dankbar für die „Chance“ zur Veröffentlichung sein – nicht etwa die Verleger für die Nutzungsrechte …

 

Die Kosten

Die meisten Verlage zahlen lediglich 5 % des Nettoverkaufspreis (das ist der Buchpreis abzüglich 7 % Mehrwertsteuer) an den Autor, bzw. bei einer Anthologie aufgeteilt an die Autoren.

Wenn einer dieser Verlage, die „sich das nicht leisten können“ also ihre Anthologie als Taschenbuch für 7,99 € anbietet, würden normalerweise 37 Cent (!) an die Autoren ausgeschüttet werden. Kalkuliert der Verlag nun diese horrende Summe in den Verkaufspreis ein, könnte er dasselbe Buch auch einfach für 8,49 € anbieten. (Dann würden die Tantiemen ganze 39 Cent betragen.)

Nun ist es tatsächlich so, dass sich Kurzgeschichten-Anthologien von Kleinverlagen üblicherweise nicht in gigantischen Auflagen verkaufen. Meiner Erfahrung nach betragen die Tantiemen für eine Kurzgeschichte – auch abhängig von der Autorenzahl – ungefähr 3 – 12 € pro Autor über die gesamte Laufzeit. Das ist zugegebenermaßen recht wenig und man mag darauf verzichten können – auch darauf gründet mancher Verlage seine fehlende Zahlungsmoral. Aber abgesehen davon, dass das wohl kaum der Verlag für den Autor entscheiden darf, geht es auch um etwas anderes: Den gegenseitigen Respekt und die grundsätzliche Anerkennung, dass ein Nutzungsrecht einen Wert hat und kein Geschenk ist.

Bei all der Kritik – diese gilt lange nicht für alle Kleinverlage, die Anthologien ausschreiben. Eine Reihe kleiner Verlagshäuser übt sich nicht in derlei Rechtfertigungen, sondern zahlt ganz selbstverständlich Tantiemen aus. Daher hier eine kleine Whitelist:

 

https://eridanusverlag.de/

https://burgenweltverlag.de/

http://www.verlag-torsten-low.com

http://leserattenverlag.de/ 

http://www.pmachinery.de/

http://www.ohneohren.com/

http://www.scius-verlag.de/

 

Wer diese Sammlung ergänzen möchte (oder sich als Verlag oder Zeitschrift selbst hier eingetragen sehen möchte!), ist herzlich eingeladen, sich zu melden.