Literaturbranche: Flatrate

Wie „Flatrate-“ und „Verleihangebote“ die Buchpreisbindung umgehen

 

Vor mittlerweile fünf Jahren erhielt ich Gelegenheit, meine erste Novelle zu veröffentlichen, damals unter Pseudonym. Ich hatte damals wenig Ahnung von der Literaturbranche und ihren Begrifflichkeiten – Flatrate- oder Verleihangebote sagten mir rein gar nichts. Die kleine Geschichte kam nur als E-Book heraus, es handelte sich um einen kleinen Verlag und ein Nischen-Genre – viel habe ich nicht erwartet. Als Tantiemen winkten 25 Prozent des Nettoverlagserlöses, nach Abzug der Mehrwertsteuer und des Buchhandelsanteils  von 35 % blieben mir 52 Cent pro Verkauf. Zu meiner großen Begeisterung ging das kleine Werk im ersten Halbjahr ganze 716 Mal über die virtuelle Ladentheke und ich durfte 372 Euro mein Eigen nennen, mehr als erhofft. In der Folge sanken die Verkäufe langsam, bislang auf etwas mehr als dieselbe Zahl in den übrigen 4 ½ Jahren. Das allein war soweit nicht überraschend – überrascht haben mich hingegen die exponentiell fallenden Erlöse. Ein Blick auf die Abrechnung im letzten Sommerhalbjahr offenbarte 65 Käufe – rein rechnerisch also knapp 34 Euro. Tatsächlich bekam ich jedoch nur 20. Ein Jahr später erwirtschafteten 60 Verkäufe sogar nur noch 16 Euro. Aber weshalb?

Die Abrechnung verrät’s

Ein Blick auf die genaue Auflistung meiner Abrechnung ergab: Ein Großteil der Verkäufe erfolgte via Bookwire an Tolino und Skoobe für Preise unter 25 Cent, Readfy und Amazon waren natürlich ebenfalls Kandidaten. Auf den ersten Moment erscheint das bedeutungslos, denn es gab keine Preisaktion und auch für E-Books gilt seit 2016 die gesetzliche Buchpreisbindung. Schlupflöcher ermöglichen jedoch Anbietern von Flatrate- und Verleihservices – so wie obengenannte –, diese Preisbindung zu umgehen und Bücher nahezu beliebig billig anzubieten. Auf Kosten von Verlagen und Autoren. Allerdings ohne Mitbestimmungsrecht der Autoren.

Flatrate: Ein Buch für drei Cent

Es geht allerdings auch noch schlimmer: Mittlerweile vertreibe ich meine längeren Projekte als Selfpublisher auf Books on Demand. An sich keine schlechte Sache, wenn es auch einigen Verbesserungsbedarf gibt. So kann ein Autor Verleihservices nur an- oder ausschalten – einzelne Anbieter aufgrund ihrer Preisgestaltung herauszunehmen, ist nicht möglich. Seitens des Supports versicherte man mir großmütig, es würden keinesfalls Dumping-Angebote angenommen. Was Books on Demand allerdings genau unter einem Dumping-Angebot versteht, bleibt allerdings ein Geheimnis (auch auf Nachfrage). So fand ich unter anderem die hier abgebildete Abrechnung:

 

Beispiel E-Book-Flatrate

 

Dazu sei gesagt, dass Anbieter von Verleih- und Flatrateservices eine Möglichkeit gefunden haben, die ohnehin schon absurden Preise von wenigen Cent noch weiter zu drücken – indem nur die Prozente gelesener Seiten berechnet werden. Bei oben genanntem Beispiel handelt es sich um eine meiner Novellen, 97 % gelesen bedeutet in dem Fall, dass lediglich eine Seite ausgelassen wurde – Danksagung oder Inhaltsverzeichnis beispielsweise. Und während das E-Book normalerweise 1,99 € kostet, wovon mir zumindest 0,41 € bleiben würden, erhalte ich auf diese Art gerade lächerliche 3 Cent. So viel zum Thema Buchpreisbindung.

Daher bitte ich euch, bevor ihr eine billige Flatrate oder einen „Verleihservice“ nutzt, für E-Books, die ohnehin meistens nur 1,99 bis 3,99 € kosten – überlegt, ob ihr den Autoren das antun wollt.